Luftschutzstollen Artilleriestraße ("Barbarastollen")

Luftschutzstollen Artilleriestraße ("Barbarastollen")

Artilleriestraße, 49076 Osnabrück

Zerstörter Bunkereingang Artilleriestraße 1963
Der zerstörte Bunkereingang an der Artilleriestraße im Jahr 1963. Auf der Fassade lässt sich noch ein Fragment des Namens "Barbara" erkennen.
Foto: Fotograf Borowka, entnommen aus Freie Presse: "Der sicherste Bunker" | 1963

Der sogenannte "Barbara-Stollen" an der Artilleriestraße in Osnabrück war ein Stollenbunker der Wehrmacht aus dem 2. Weltkrieg, mit dessen Bau im Sommer 1943 begonnen wurde. Die unterirdische Bunkeranlage sollte in erster Linie dem Schutz der Soldaten der umliegenden Kasernen (Von-Stein-, Metzer- und Scharnhorst-Kaserne) dienen und zunächst auf einer Länge von 200 Metern Schutzstollen (ca. 3.600m², zzgl. Zugangsstollen und technischer Räume) ausgebaut werden. Das ursprünglich geplante Fassungsvermögen betrug somit zunächst 800 Personen. Arbeitskräfte und Material wurden von der Wehrmacht gestellt, die Stadt beteiligte sich ihrerseits durch die Bereitstellung weiteren Baumaterials und Maschinen. Im Gegenzug wurde seitens der Wehrmacht zugesichert, dass auch die umliegende zivile Anwohnerschaft im Alarmfall einen Platz im Bunker bekam.

Um den Soldaten möglichst kurze Zuwege zum Bunker zu ermöglichen, plante die Wehrmacht in der ersten Bauphase zunächst zwei Zugänge ein. Der erste Zugang sollte auf städtischem Grund an der Artilleriestraße, direkt gegenüber des Hauptgebäudes der Von-Stein-Kaserne, der zweite Zugang direkt vom Gelände der Metzer-Kaserne an der Sedanstraße in den Bunker führen. Eine Böschung hinter den ehemaligen Stallungen am Südrand des Kasernengeländes unterhalb der Menkestraße bot hierfür optimale Voraussetzungen, da die natürliche Gesteinsüberdeckung von etwa sechs Metern bereits einen gewissen Schutz vor indirekten Treffern sowie einen ebenerdigen und damit schnelleren Vortrieb des Stollens ermöglichte.

Durch die Differenz von circa 10 Höhenmetern zwischen den Sohlen der Eingänge Artilleriestraße und Menkestraße konnte zudem eine optimale Bewetterung der Anlage erreicht werden, so dass auf eine künstliche Belüftung der Stollen zunächst weitestgehend verzichtet werden konnte.

Um das so entstehende Gefälle in den Stollen zu reduzieren sowie den Eingangsbereich an der Artilleriestraße besser vor Bombentreffern schützen zu können, sollte dieser Eingang in einen fünf Meter tiefen Schacht abgesenkt werden, welcher im Anschluss durch zwei seitliche Treppenläufe ergänzt und mit Stahlbeton ummantelt werden sollte. Von diesem Eingang aus sollte in Anschluss ein mit nur 1.80 Metern Breite und 2,10 Metern Höhe verhältnismäßig enger Gang in nordwestliche Richtung bis unter das Grundstück Zelterstraße 17 getrieben werden, wo der Minengang auf den von Norden kommenden Zweigstollen treffen sollte. Das Gefälle konnte durch die Ausschachtung auf diesen ersten 150 Stollenmetern auf akzeptable zwei Meter reduziert werden.

Bunkerzugang Artilleriestraße
In diesem Hang an der Artilleriestraße befand sich einer der Zugänge zum…
Foto: Haubrock | 2011

Wie eingangs erwähnt wurde der Zugang an der Metzer-Kaserne weniger aufwendig geplant. Anstelle eines Treppenschachts verlief der Stollen hier ebenerdig in den Berg, was zwar Vorteile in Hinblick auf den Transport des Baumaterials und Abraums während der Bauphase brachte, allerdings auch ernsthafte Gefahren für die Schutzsuchenden barg. Basierend auf den bisher vorliegenden Bauplänen existierten nämlich weder im Eingangsbereich an der Artilleriestraße noch im Bereich des Zugangs an der Metzer-Kaserne zusätzliche Schleusen, welche zum Schutz vor Splitterflug und Gaseintritt in diversen anderen Osnabrücker Stollenbunkern angelegt wurden. Ob im Bereich der Metzer-Kaserne unter Umständen im Nachhinein ein solcher Ausbau angedacht war, lässt sich den Bauplänen leider nicht entnehmen.

Abgesehen von diesen Sicherheitsrisiken konnte man das Bunkersystem "Barbara-Stollen" allerdings als absolut bombensicher bezeichnen, war der Hauptkörper der Stollenanlage doch unter 12 bis 18 Metern Felsgestein vor regulären Sprengbomben ausreichend geschützt.

Standort Stolleneingang Artilleriestraße
Am Standort des Stollenmundlochs an der Artilleriestraße. Er befand sich…
Foto: Haubrock | 2011

Neben den zwei bereits aufgeführten Stollen sollten im Verlauf der Bauarbeiten nachträglich noch weitere Gänge hinzukommen. Fertig geworden ist hiervon lediglich ein längerer Verbindungsstollen, welcher vom Wendehammer auf Höhe Zelterstraße 13 vom Hauptstollen Artilleriestraße aus auf einer Länge von ca. 160 Metern quer bis unter das Grundstück Gmünder Straße 38 verlief und dort Anschluss an den zweiten Hauptstollen fand. Das Felsgestein innerhalb des so entstandenen Stollen-"Dreiecks" sollte im Anschluss an drei Stellen abgetragen werden, um weiteren Raum zu schaffen. Von den drei dort geplanten Querverbindungen wurden allerdings bis Kriegsende nur zwei fertig. Der nördliche Tunnel auf Höhe der Grünfläche zwischen Zelterstraße 29 und 31 war hierbei ausschließlich für Sanitäranlagen (10 Aborte) geplant. Der mittlere Stollen unterhalb der Grundstücke Nr. 27 und 29 beherbergte laut Plan einen verhältnismäßig großen Sanitätsbereich samt Operationsraum. Der dritte Stollen wurde nur auf einer Länge von ca. 15 Metern fertig. Er befand sich etwa auf Höhe des Grundstücks Zelterstraße 17 und sollte im östlichen Teilbereich ebenfalls mit 10 Aborten ausgestattet werden.

Wird fortgesetzt...

Zusammenfassung:

  • Aufnahmekapazität (offiz. Planzahl)
    1.400 Personen
  • Bauherr
    Wehrmacht
  • Baubeginn
    1943
  • Gesamtlänge (offiz. Planzahl)
    350 Meter
  • Gesamtlänge (offiz. erreicht)
    200 Meter
  • Stollenbreite
    1,80 Meter
  • Aufnahmekapazität (errechnet)
    800 Personen
  • Inbetriebnahme
    1944(?)
  • Erweiterung / Ausbau
    1944
  • Anmerkungen zum Zustand
    verfüllt
  • Anlage galt als relativ bombensicher
    ja
  • Anlage ist noch erhalten
    nein
    Anmerkungen: verfüllt

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Fotografien und Bilder

  • Zerstörter Bunkereingang Artilleriestraße 1963
    Der zerstörte Bunkereingang an der Artilleriestraße im Jahr 1963. Auf der…
    Foto: Fotograf Borowka, entnommen aus Freie Presse: "Der sicherste Bunker" | 1963
  • Bunkerzugang Artilleriestraße
    In diesem Hang an der Artilleriestraße befand sich einer der Zugänge zum…
    Foto: Haubrock | 2011
  • Standort Stolleneingang Artilleriestraße
    Am Standort des Stollenmundlochs an der Artilleriestraße. Er befand sich…
    Foto: Haubrock | 2011
  • Metzer-Kaserne Osnabrück
    Blick von der Menkestraße auf das Hauptgebäude der ehemaligen Metzer-Kaserne in…
    Foto: Haubrock | 2011
  • Standort Bunkereingang Barbara-Stollen
    In diesem Hang am Südrand der Metzer-Kaserne befand sich zu Kriegszeiten ein…
    Foto: Haubrock | 2011
  • Abetragenes Erdreich an der Metzer-Kaserne
    Abetragenes Erdreich am ungefähren Standort des Stollenzugangs an der…
    Foto: Haubrock | 2011
  • Hang Metzer-Kaserne
    Abgetragene Erdschichten am Hang am Südrand der Metzer-Kaserne auf ungefährer…
    Foto: Haubrock | 2011
  • Beton im Hang Metzer-Kaserne
    Gesteinsschutt und Zement im Bereich der Abtragungen. Es könnte sich hierbei um…
    Foto: Haubrock | 2011

Quellenangaben

Dokumente, Baupläne und Sekundärquellen

Der Bau von Luftschutzstollen in Osnabrück (Möllmann(?), 1943)
Titel / Merkmal
Der Bau von Luftschutzstollen in Osnabrück
Autor / Verfasser / Urheber
Möllmann(?)
Datum
11.11.1943
Nachweisung über LS.Bunker, LS.Stollen und Oeffentl. Luftschutzräume im Stadtgebiet Osnabrück (unbekannt, 1945)
Titel / Merkmal
Nachweisung über LS.Bunker, LS.Stollen und Oeffentl. Luftschutzräume im Stadtgebiet Osnabrück
Autor / Verfasser / Urheber
unbekannt
Datum
09.11.1945
Anmerkungen
Abschrift, 5 Seiten, datiert auf den 9.11.1945, Verfasser unbekannt (Möllmann?)
Kriegs-Chronik - Register zu Band I bis VII - Anhänge (Möllmann, 1956)
Titel / Merkmal
Kriegs-Chronik - Register zu Band I bis VII - Anhänge
Autor / Verfasser / Urheber
Möllmann
Datum
1956
Anmerkungen
Der Luftschutzbau in Osnabrück während des zweiten Weltkrieges (1939 / 1945)
Luftschutz: Neue Aufgaben warten auf uns (Neue Tagespost, 1958)
Titel / Merkmal
Luftschutz: Neue Aufgaben warten auf uns
Autor / Verfasser / Urheber
Neue Tagespost
Datum
08.02.1958
Bunker ausverkauft (Osnabrücker Tageblatt, 1961)
Titel / Merkmal
Bunker ausverkauft
Autor / Verfasser / Urheber
Osnabrücker Tageblatt
Datum
28.01.1961
Am Nordhang des Westerberges ensteht ein neues Wohnviertel (Osnabrücker Tageblatt (OT), 1961)
Titel / Merkmal
Am Nordhang des Westerberges ensteht ein neues Wohnviertel
Autor / Verfasser / Urheber
Osnabrücker Tageblatt (OT)
Datum
06.04.1961
Bunkertest mit Rute (Neue Tagespost, 1963)
Titel / Merkmal
Bunkertest mit Rute
Autor / Verfasser / Urheber
Neue Tagespost
Datum
1963
Anmerkungen
Neue Tagespost (NT), genaues Datum unklar
Der sicherste Bunker (Freie Presse, kein Datum)
Titel / Merkmal
Der sicherste Bunker
Autor / Verfasser / Urheber
Freie Presse
Datum
nicht vermerkt
Anmerkungen
Erschienen um 1963, genaues Datum unklar
Zusammenstellung über gebaute L.S. Bunker & Stollen (Verfasser unbekannt, kein Datum)
Titel / Merkmal
Zusammenstellung über gebaute L.S. Bunker & Stollen
Autor / Verfasser / Urheber
Verfasser unbekannt
Datum
nicht vermerkt
Anmerkungen
Tabellarische Auflistung der Hoch-Tief- und Stollenbunker in Osnabrück; Schreibmaschine, undatiert, 2 Seiten
Kriegs-Chronik - Band VI - Juli 1944 bis Oktober 1944 (Stadt Osnabrück, kein Datum)
Titel / Merkmal
Kriegs-Chronik - Band VI - Juli 1944 bis Oktober 1944
Autor / Verfasser / Urheber
Stadt Osnabrück
Datum
nicht vermerkt
Anmerkungen
Niedersächsisches Landesarchiv; NLA OS, Dep 3 b XV, Nr. 6
Lage- und Baupläne Luftschutzstollen Artilleriestraße (, kein Datum)
Titel / Merkmal
Lage- und Baupläne Luftschutzstollen Artilleriestraße
Autor / Verfasser / Urheber
Datum
nicht vermerkt

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