Hochbunker Oststraße ("Ostbunker")

Hochbunker Oststraße ("Ostbunker")

Oststraße, 49084 Osnabrück

Ostbunker Osnabrück
Der Osnabrücker Ostbunker im Schinkel während des zweiten Weltkriegs. Auf dem Dach des Hochbunkers befand sich damals eine leichte Flak zum Schutz vor…
Foto: Fotograf unbekannt, unbekanntes Sammlung (Museum Industriekultur?)

Der "Ostbunker" ist wohl der bekannteste Osnabrücker Luftschutzbunker, nicht zuletzt aufgrund seiner heutigen Nutzung als Veranstaltungsort und gut frequentiertes Jugendzentrum im Herzen des Schinkels.

Die Geschichte der Bunkeranlage führt zurück in die Anfänge des 2. Weltkriegs, als im Deutschen Reich mit dem Erlass des sogenannten LS-Sofortprogramms aus dem Jahr 1940 in allen luftgefährdeten Orten ersten Grades mit der Errichtung bombensicherer Luftschutzbauten begonnen wurde. Nachdem man bereits im Winter 1940 mit dem Bau des benachbarten Hochbunkers am Stahlwerksplatz begann, erfolgte kurze Zeit später auch auf einer Freifläche zwischen Schinkel- und Oststraße der erste Spatenstich für einen weiteren Bunker, den Ostbunker. In zweijähriger Bauzeit entstand hier ab Januar 1941 auf einer Grundfläche von 15,00 x 13,65 Metern ein sechsstöckiger Betonturm, welcher die umliegende Wohnbebauung weit überragte und noch heute das höchste Gebäude in der näheren Umgebung darstellt. Nach seiner Fertigstellung im Frühjahr 1943 verfügte die Anlage offiziell über 775 Schutzplätze, welche jedoch oftmals mehr als doppelt belegt waren. So sollen hier bei den schweren Angriffen der letzten Kriegsjahre bis zu 2.000 Menschen Schutz gefunden haben.

Ostbunker Osnabrück
Der Ostbunker im Osnabrücker Stadtteil Schinkel
Foto: Haubrock | 2015

Die für Osnabrück ungewöhnliche Höhe des Turmbunkers von ca. 20 Metern machte sich die Flugabwehr zunutze und errichtete auf dem Dach des Betonklotzes eine kleine Flugabwehrstellung, welche mit einem leichten Flakgeschütz zur Tieffliegerabwehr ausgestattet war. Entsprechende Aufbauten lassen sich auf dem beigefügten Foto aus Kriegszeiten deutlich erkennen. Der Zugang zum Dach erfolgte über eine seitlich am Bunker installierte Beton-Treppe, welche vom Obergeschoss auf das Dach führte.

Der Aufbau des Bunkers war einfach und pragmatisch. Zugang erlangten Schutzsuchende über zwei Eingänge an der Nordseite des Bunkers, welche zugleich auch als einfache Schleusen dienten. Hatte man diese passiert, gelangte man zunächst in den Flur des Erdgeschosses, welcher beide Zugänge mit dem zentral gelegenen Treppenhaus verband. Auf dieser Ebene waren auch die Räumlichkeiten des Bunkerwarts untergebracht. Die Schutzräume für die Öffentlichkeit verteilten sich auf die oberen Ebenen und den Keller, in welchen zudem eigenständige Anlagen für die Frischluftzufuhr installiert waren. Die Schutzräume selbst bestanden damals aus kleineren Kammern von ca. 2m² bis 2,5m² Grundfläche. Dies war eine damals gängige Maßnahme, um im Falle eines Bombentreffers einzelne Räume besser voneinander absichern zu können. Im späteren Kriegsverlauf verzichtete man jedoch bei Neubauten zugunsten der Schutzsuchenden auf solche platzverschwendenen Maßnahmen.

Ostbunker Osnabrück
Der Ostbunker in Osnabrück, Blick auf die westliche Fassade, welche während des…
Foto: Haubrock | 2015

Obwohl der Bunker gegenüber den bis dahin verfügbaren Splitter- bzw. Deckungsgräben und LS-Kellern wesentlich massiver gebaut wurde, galt er aufgrund seiner geringen Wandstärke von 0,80 bis maximal 1,2 Metern nicht als absolut bombensicher. Diese Tatsache mussten am 26. September des Jahres 1944 zwölf Menschen mit ihrem Leben bezahlen. An jenem Dienstag war Osnabrück erneut Ziel amerikanischer Bomberverbände, nachdem erst zwei Wochen zuvor, am 13. September, einer der schwersten Luftangriffe nahezu die gesamte Innenstadt in Schutt und Asche gelegt hatte. Der Angriff vom 26. September zielte jedoch auf die Anlagen der Reichsbahn ab und trotz heftigen Flakfeuers gelang ein planmäßiger Abwurf. Jedoch verfehlten einige der 177 450kg-Bomben ihr vorgegebenes Ziel und detonierten abseits der Bahnanlagen. So auch an der Oststraße im Schinkel. Einer der Querschläger verfehlte hierbei nur knapp die Bunkerdecke des Ostbunkers und detonierte am Fuß der westlichen Bunkerwand. Die Sprengwirkung war so gewaltig, dass die ca. 80cm starke Aussenwand durch den Druck der Detonation eingedrückt wurde und nach Innen kollabierte. Die zwölf Osnabrücker, die sich zu dieser Zeit im Keller des Bunkers aufhielten, wurden von den Trümmermassen erdrückt, für sie kam jede Hilfe zu spät. Die Toten des Angriffs wurden später auf dem Gräberfeld für Bombentote auf dem Heger Friedhof beigesetzt.

Schon am nächsten Tag nach dem Unglück rückte ein Bautrupp an und besserte die Unfallstelle aus. Um eine weitere Katastrophe dieser Art zu vermeiden, wurde die Aussenwand an der Ostseite um einen halben Meter verstärkt. Diese zusätzliche Panzerung ist auch heute noch neben dem heutigen Haupteingang des Jugendzentrums erkennbar. Zusätzlich zu dieser Verstärkung erfuhren auch die zwei Eingänge im Erdgeschoss des Ostbunkers eine Generalüberholung. So erhielten diese jeweils einen zusätzlichen Splitterschutz, der in Form eines vorgelagerten Eingangsbauwerks aus Stahlbeton realisiert wurde. Zwar konnten diese Anbauten direkten Treffern größerer Bomben nicht widerstehen, doch die Sicherheit im Inneren des Bunkers wurde hierdurch doch deutlich erhöht.

Kein Titel
Keine Beschreibung verfügbar
Foto:

Nach dem Krieg verwahrloste der Bunker zunächst. Das Innere des Bunkers soll im Jahr 1948 einen verwüsteten Eindruck gemacht haben, da sämtliche Einrichtungen, von den Sitzgelegenheiten bis zu den massiven Bunkertüren von Vandalen zerstört, ausgehebelt oder entwendet worden sein sollen. Ob zu dieser Zeit bereits die Entfestigungsöffnungen im Obergeschoss existierten, ist nicht ganz klar, denn im April des Jahres 1948 soll das Erdgeschoss des Bunkers bereits eine kuriose Umnutzung erfahren haben. Nach Informationen des Norddeutschen Rundfunks wurde hier ein modernes Saunabad eingerichtet, das über Bade- und Massagemöglichkeiten verfügte und den Osnabrückern einen Hauch von "Wellness" bieten sollte. Wie lange diese Nutzungsphase allerdings andauerte ist nicht bekannt.

Im Jahr 1977 übernahm die Stadt Osnabrück den Bunker und funktionierte ihn nach diversen Umbauten im Inneren zum noch heute existierenden Jugendzentrum um. Die Tarnbemalung des Bunkers stammt übrigens nicht aus Kriegszeiten, sondern wurde erst in den 1970ern aufgebracht.

Wer sich den Ostbunker gerne einmal ansehen möchte, der kann sich auf der Seite des Jugendzentrums Ostbunker unter http://ostbunker.de.dedi2338.your-server.de über die Öffnungszeiten und Ansprechpartner informieren.

Zusammenfassung:

  • Bauherr
    Stadt Osnabrück
  • Anzahl Stockwerke
    6
  • Heutige Nutzung
    Jugendzentrum
  • Baumaterial
    Eisenbeton
  • Aufnahmekapazität (offiz. Angaben)
    775 Personen
  • Außenmaß - Breite
    15,00 Meter
  • Außenmaß - Länge
    13,65 Meter
  • Baubeginn
    Januar 1941
  • Anmerkungen zum Zustand
    erhalten
  • Anlage galt als relativ bombensicher
    ja
  • Anlage ist noch erhalten
    ja

Karte

Standort des Objekts

Karte wird geladen. Bitte warten...
Sollte die Karte nicht erscheinen, überprüfen Sie bitte Ihre Datenschutz-Einstellungen.

Allgemeine Anmerkungen: Die hier bereitgestellten Standortangaben dienen lediglich der Dokumentation.
Viele Objekte befinden sich auf Firmen- oder Privatgrundstücken und sollten ohne Rücksprache mit den entsprechenden Eigentümern weder betreten noch fotografiert werden.

Zur Übersichtskarte

Bildmaterial

Fotografien und Bilder

  • Ostbunker Osnabrück
    Der Osnabrücker Ostbunker im Schinkel während des zweiten Weltkriegs. Auf dem…
    Foto: Fotograf unbekannt, unbekanntes Sammlung (Museum Industriekultur?)
  • Ostbunker Osnabrück
    Der Ostbunker im Osnabrücker Stadtteil Schinkel
    Foto: Haubrock | 2015
  • Ostbunker Osnabrück
    Der Ostbunker in Osnabrück, Blick auf die westliche Fassade, welche während des…
    Foto: Haubrock | 2015
  • Kein Titel
    Keine Beschreibung verfügbar
    Foto:
  • Blick auf die östliche Fassade
    Blick auf die östliche Fassade des Ostbunkers. Die Fensteröffnungen entstanden…
    Foto: Haubrock | 2015
  • Wandverstärkung Ostbunker
    Die nach dem Luftangriff vom 26. September 1944 angesetzte Wandverstärkung am…
    Foto: Haubrock | 2015
  • Wandverstärkung Ostbunker
    Die 1944 angesetzte Wandverstärkung am Ostbunker.
    Foto: Haubrock | 2015
  • Eingang Ostbunker
    Der heutige Haupteingang des Jugendzentrums Ostbunker. Insgesamt gibt es zwei…
    Foto: Haubrock | 2015
  • Eingangsbauwerk Ostbunker
    Das zweite Eingangsbauwerk, aufgenommen auf Höhe des ersten Eingangs
    Foto: Haubrock | 2015
  • Ostbunker Osnabrück
    Ein Blick hinauf. Links und rechts sind die vorgelagerten Eingangsbauwerke zu…
    Foto: Haubrock | 2015
  • Treppenzugang Dach Ostbunker
    Der Treppenzugang zum Dach des Ostbunkers.
    Foto: Haubrock | 2015
  • Obergeschoss Ostbunker
    Das Obergeschoss des Ostbunkers von der Bahnlinie aus gesehen. Auf dem Dach ist…
    Foto: Haubrock | 2015

Quellenangaben

Dokumente, Baupläne und Sekundärquellen

Nachweisung über LS.Bunker, LS.Stollen und Oeffentl. Luftschutzräume im Stadtgebiet Osnabrück (unbekannt, 1945)
Titel / Merkmal
Nachweisung über LS.Bunker, LS.Stollen und Oeffentl. Luftschutzräume im Stadtgebiet Osnabrück
Autor / Verfasser / Urheber
unbekannt
Datum
09.11.1945
Anmerkungen
Abschrift, 5 Seiten, datiert auf den 9.11.1945, Verfasser unbekannt (Möllmann?)
Saunabäder zwischen Bunkerwänden (Nordwestdeutscher Rundfunk, 1948)
Titel / Merkmal
Saunabäder zwischen Bunkerwänden
Autor / Verfasser / Urheber
Nordwestdeutscher Rundfunk
Datum
06.07.1948
Lichtblicke für Osnabrücker Hochbunker (Osnabrücker Stadtanzeiger(?), 1950)
Titel / Merkmal
Lichtblicke für Osnabrücker Hochbunker
Autor / Verfasser / Urheber
Osnabrücker Stadtanzeiger(?)
Datum
1950
Anmerkungen
Zeitung unklar / Osnabrücker Stadtanzeiger(?) (Februar?) 1950
Kriegs-Chronik - Register zu Band I bis VII - Anhänge (Möllmann, 1956)
Titel / Merkmal
Kriegs-Chronik - Register zu Band I bis VII - Anhänge
Autor / Verfasser / Urheber
Möllmann
Datum
1956
Anmerkungen
Der Luftschutzbau in Osnabrück während des zweiten Weltkrieges (1939 / 1945)
Luftschutz: Neue Aufgaben warten auf uns (Neue Tagespost, 1958)
Titel / Merkmal
Luftschutz: Neue Aufgaben warten auf uns
Autor / Verfasser / Urheber
Neue Tagespost
Datum
08.02.1958
Bunker ausverkauft (Osnabrücker Tageblatt, 1961)
Titel / Merkmal
Bunker ausverkauft
Autor / Verfasser / Urheber
Osnabrücker Tageblatt
Datum
28.01.1961
Osnabrück 1933 - 1945 - Stadt im Dritten Reich (Karl Kühling, 1980)
Titel / Merkmal
Osnabrück 1933 - 1945 - Stadt im Dritten Reich
Autor / Verfasser / Urheber
Karl Kühling
Datum
1980
ISBN
315529200
Schinkeler Geschichten (Bürgerverein Osnabrück-Schinkel von 1912 e.V.,, 1990)
Titel / Merkmal
Schinkeler Geschichten
Autor / Verfasser / Urheber
Bürgerverein Osnabrück-Schinkel von 1912 e.V.,
Datum
1990
Der Tag, an dem Osnabrück unterging - 13. September 1944 (Matthias Rickling, 2004)
Titel / Merkmal
Der Tag, an dem Osnabrück unterging - 13. September 1944
Autor / Verfasser / Urheber
Matthias Rickling
Datum
2004
ISBN
1072911600
Kriegstote des 2. Weltkriegs in Osnabrück (diverse, 2013)
Titel / Merkmal
Kriegstote des 2. Weltkriegs in Osnabrück
Autor / Verfasser / Urheber
diverse
Datum
2013
Anmerkungen
Zusammenstellung verschiedener Quellen
Jugendzentrum Ostbunker (, 2019)
Titel / Merkmal
Jugendzentrum Ostbunker
Autor / Verfasser / Urheber
Datum
29.10.2019
Anmerkungen
Webseite des JZ Ostbunker in Osnabrück
Zusammenstellung über gebaute L.S. Bunker & Stollen (Verfasser unbekannt, kein Datum)
Titel / Merkmal
Zusammenstellung über gebaute L.S. Bunker & Stollen
Autor / Verfasser / Urheber
Verfasser unbekannt
Datum
nicht vermerkt
Anmerkungen
Tabellarische Auflistung der Hoch-Tief- und Stollenbunker in Osnabrück; Schreibmaschine, undatiert, 2 Seiten
Kriegs-Chronik - Band II - Juli 1940 bis August 1941 (Stadt Osnabrück, kein Datum)
Titel / Merkmal
Kriegs-Chronik - Band II - Juli 1940 bis August 1941
Autor / Verfasser / Urheber
Stadt Osnabrück
Datum
nicht vermerkt
Anmerkungen
Niedersächsisches Landesarchiv; NLA OS, Dep 3 b XV, Nr. 2 (Neufassung)

Themen

Zugeordnete Themenbereiche

Umgebung erkunden

Nächstgelegene Luftschutzanlagen

Zur Übersichtskarte

Relevante Ereignisse

Erwähnungen in der Chronik

  1. 10. Oktober 1940
    Bauarbeiten am Lohbunker 1941

    Erlass des Luftschutz-Sofortprogramms

  2. 26. September 1944, 15:10 Uhr
    Wandverstärkung Ostbunker

    38. Luftangriff auf Osnabrück

Zur Chronik

Inhalte teilen

In einem Sozialen Netzwerk teilen

PinterestWhatsappE-Mail