Absturz am Stahlwerksplatz - Die Tragödie der Wellington B.IC P9242

Absturz am Stahlwerksplatz - Die Tragödie der Wellington B.IC P9242

Sechs Tote nach Flakbeschuss in der Nacht vom 18. auf den 19. September 1940 über Osnabrück

Osnabrück Bomber 1940
Der Himmel über Osnabrück am 18.09.1940. Rückseitiger Text: "Osnabrück, den 18.9.1940. Die Detonation des Flugzeuges. Oben eine neue Leucht(...,…
Foto: Fotograf unbekannt, Sammlung Haubrock | 1940

Es war der erste militärische Erfolg der Luftverteidigung in Osnabrück und zugleich der tragische Tod sechs britischer Soldaten: In der Nacht vom 18. auf den 19. September 1940 starben die Soldaten Michael C.A. Linden, Maurice E.L. Wood, Harold E. Smart, Thomas Watson, Douglils T. Heard und Victor Beverley beim Absturz ihres Bombers über Osnabrück.

Bei der Maschine handelte es sich um einen zweimotorigen Bomber des Typs Vickers Wellington B.IC mit der Kennung P9242 LN-B, welcher unter dem Kommando von Flight Lieutenant Colin Gilbert bereits an mehreren Angriffen gegen deutsche Ziele teilgenommen hatte, so unter Anderem auch beim Angriff am ersten Mai 1940 auf einen Flughafen bei Stavanger im von Deutschen besetzten Norwegen. Doch musste die Maschine aufgrund eines Triebwerkschadens vorzeitig umkehren und in Mildenhall (Suffolk), ca. 10 km nördlich des Heimat-Flughafens Newmarket, notlanden. Ein Triebwerk war aufgrund zu geringem Öldrucks heißgelaufen und musste daraufhin ausgetauscht werden.

Mit neuem Motor und neuer Crew war die Maschine am 18. September jedoch schon wieder im Einsatz - mit Ziel Osnabrück. Gemeinsam mit einem baugleichen Bomber hob die Crew um den 20jährigen P/O (Unteroffizier) Michael Linden gegen 19:30 Uhr in Newmarket zu ihrer verhängnisvollen Mission ab.

Gegen Mitternacht erreichte das Bombergespann des 99. Geschwaders den Stadtrand von Osnabrück, wo es in nur etwa 2.000 Metern Höhe zunächst unter schweres Flakfeuer geriet und abdrehen musste. Es erfolgte ein erneuter Anflug in größerer Flughöhe. Die Piloten erhofften sich hierdurch offenbar dem massiven Flakbeschuss ausweichen zu können, doch sie irrten. Das Sperrfeuer der Flak machte auch den zweiten Anflug zu einem Himmelfahrtskommando.

Zwar gelang es der zweiten Maschine noch ihre Bombenlast (13 Sprengbomben) über dem Schinkel abzuwerfen und sich aus der Gefahrenzone zu entfernen, doch die sechsköpfige Besatzung der P9242 hatte dieses Glück nicht. Ihr Vickers-Bomber geriet ins Fadenkreuz der Flak-Batterie auf dem Westerberg.

Durch einen Treffer an der Tragfläche fing die Maschine Feuer und konnte ihre Flughöhe nicht mehr halten. Der Bomber geriet daraufhin ins Trudeln und stürzte in die Tiefe. Der Crew gelang es nicht mehr sich aus dem brennenden Flieger zu befreien, sie wurde mit ihrer Wellington in den Tod gerissen.

Der Aufschlag des Bombers erfolgte auf dem zu dieser Zeit noch unbebauten Stahlwerksplatz an der Buersche Straße. Die Explosion war so gewaltig, dass sie einen riesigen Krater von mehr als 10 Metern Durchmesser hinterließ. Keiner der sechs Besatzungsmitglieder überlebte das Inferno.

Von dem Bomber selbst war am nächsten Morgen kaum noch etwas zu finden, so heißt es. Die Trümmer des Flugzeuges verteilten sich in der gesamten Umgebung. Auch die sechs Piloten lagen durch die Wucht der Explosion auf dem gesamten Platz verteilt, verbrannt und völlig entstellt. Der älteste von ihnen, Sgt. Harold Edgar Smart, wurde gerade einmal 26 Jahre alt. Ihre Leichname wurden nach der Bergung auf dem Schinkelaner Friedhof beigesetzt, bevor sie nach dem Krieg zu ihrer letzten Ruhestätte auf den Soldatenfriedhof in Rheinberg umgebettet wurden.

Abschuss Bomber Osnabrück 1940
https://www.osnabruecker-bunkerwelten.de/archiv/fotografien/ansicht/bild1103.htmlAbschuss eines britischen Bombers über Osnabrück. Auf der Rückseite wurde…
Foto: Fotograf unbekannt, Sammlung Haubrock | 1940

Der Angriff zielte eigentlich auf Bahnanlagen im Fledder ab, doch durch den massiven Flakbeschuss konnte kein zielgenauer Bombenabwurf erfolgen. Die 13 Sprengbomben aus der zweiten Vickers-Maschine fielen daher abseits des Ziels an der Belmer Straße. Dort durchschlug eine der Bomben das Wohnhaus Nr. 79 und explodierte im hauseigenen Luftschutzkeller. Zwei Frauen, die dort Schutz suchten, starben.

Insgesamt wurden in dieser Nacht acht Menschen getötet und elf weitere Personen verletzt. Der Sachschaden betrug 402.000 Reichsmark. 3 Gebäude an der Belmer Straße wurden zerstört, insgesamt 51 beschädigt.

Wie viel Glück die Anwohner an der Buersche Straße hatten, zeigt sich beim Betrachten der Fotos. Die Absturzstelle befand sich keine 50 Meter vom nächsten Wohnhaus entfernt. Die Eigentümer hatten nur mit geringen Schäden wie etwa geborstenen Fensterscheiben zu kämpfen, doch gab es kaum größere Gebäudeschäden im Bereich der Absturzstelle.

Nur drei Monate später, im Dezember 1940, begannen am Stahlwerksplatz die Bauarbeiten am noch heute erhaltenen Hochbunker, nur wenige Meter von der Absturzstelle entfernt. Der Krater, welcher sich auf Höhe des Kanonenwegs befand, war zu dieser Zeit bereits wieder verfüllt.

Bildmaterial

Fotografien und Bilder

  • Osnabrück Bomber 1940
    Der Himmel über Osnabrück am 18.09.1940. Rückseitiger Text: "Osnabrück, den…
    Foto: Fotograf unbekannt, Sammlung Haubrock | 1940
  • Abschuss Bomber Osnabrück 1940
    Abschuss eines britischen Bombers über Osnabrück. Auf der Rückseite wurde…
    Foto: Fotograf unbekannt, Sammlung Haubrock | 1940
  • Flak Westerberg - Nachtangriff auf Osnabrück
    Bildunterschrift: "8,8cm in Tätigkeit während der Nachtangriffe auf Osnabrück im…
    Foto: Album Wiewelhove, Sammlung Haubrock | 1940
  • Vickers-Wellington Stahlwerksplatz
    Bis zur Unkenntlichkeit verformte Teile des britischen Bombers vom Typ…
    Foto: Fotograf Roggemann, Album Kiefer, Sammlung Haubrock | 1940
  • Stahlwerksplatz Osnabrück 1940
    Die Absturzstelle am Stahlwerksplatz in Osnabrück. Im Hintergrund Wohnhäuser an…
    Foto: Fotograf unbekannt, Sammlung Haubrock | 1940
  • Tote Soldaten Stahlwerksplatz
    Die sterblichen Überreste eines oder mehrerer britischer Soldaten am…
    Foto: Fotograf unbekannt, Sammlung Haubrock | 1940
  • Vickers-Wellington Stahlwerksplatz
    Einschlagstelle des am 18. September 1940 abgeschossenen britischen…
    Foto: Fotograf Roggemann, Album Kiefer, Sammlung Haubrock | 1940
  • Absturzstelle Stahlwerksplatz
    Blick stadtauswärts über den Stahlwerksplatz, links die Buersche Straße.
    Foto: Fotograf unbekannt, Sammlung Haubrock | 1940
  • Einschlagkrater Bomber Stahlwerksplatz
    Der Einschlagkrater des britischen Bombers.
    Foto: Fotograf unbekannt, Sammlung Haubrock | 1940

Relevante Luftschutzanlagen

Folgende Objekte könnten dich in diesem Zusammenhang interessieren

Themen

Zugeordnete Themenbereiche

Relevante Ereignisse

Erwähnungen in der Chronik

  1. 18. September 1940, 23:55 Uhr
    Osnabrück Bomber 1940

    Fünfter Luftangriff auf Osnabrück

Zur Chronik

Inhalte teilen

In einem Sozialen Netzwerk teilen

PinterestWhatsappE-Mail